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Zwei Lebenswege, ein halbes Jahrhundert - aktuelle deutschsprachige Literatur mit Tiefgang. (DR)

 

Erika Wimmer, gebürtige Südtirolerin und derzeit Mitarbeiterin des Forschungsinstituts Brenner-Archiv in Innsbruck, bereits bekannt durch mehrere vielbeachtete Veröffentlichungen, darunter zuletzt "Schund. Eine Farce" (2006), lässt in ihrem aktuellen Roman Vater und Tochter nach 50 Jahren getrennten Lebensweges zum ersten Mal aufeinandertreffen. Der Vater, der 70-jährige Jean-Luc Cornu alias Lukas Peer, flüchtet nach dem Totschlag aus Notwehr eines Gestapo-Gehilfen 1945 nach Frankreich. Unter einer neuen französischen Identität versucht er, die österreichische Vergangenheit zu verdrängen und ein neues Leben zu beginnen. Er heiratet, wird Vater zweier Kinder und erfolgreicher Unternehmer. Seine uneheliche Tochter Therese, aufgewachsen in einem kleinen Ort in der Provinz, wird Stewardess und setzt ihrerseits alles daran, den unbekannten Vater und vermeintlichen Nazi aufzuspüren und kennenzulernen.

In dramaturgisch wohldurchdachter Kapitelabfolge wird der Leser mit der Lebensgeschichte der beiden tragischen Hauptfiguren vertraut und begreift langsam die Gründe für des Vaters Depressionen und Suizidgedanken und die Auslöser für das beinahe krankhafte Bestreben der Tochter, den Vater zu finden. Wimmer gelingt in stilsicherer, fesselnder und klarer Sprache ein interessanter Roman um allzeit gültige Themen wie Vergangenheitsbewältigung, Selbstzweifel und Flucht aus der Gegenwart. Empfehlenswerte aktuelle deutschsprachige Literatur mit Tiefgang. (bn.bibliotheksnachrichten/Barbara Tumfart/www.biblio.at)