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ProtagonistInnen bekannter Geschichten werden hier psychiatrisch analysiert - mit durchaus überraschenden und amüsanten Ergebnissen. (PL)

Gute Geschichten funktionieren, weil die HeldInnen nicht perfekt sind, weil sie Fehler machen oder zweifelhafte Charakterzüge aufweisen.

Die Fachärztin für Psychiatrie Claudia Hochbrunn und die Lektorin und Übersetzerin Andrea Bottlinger greifen in diesem Buch 16 bekannte Werke heraus und betrachten die ProtagonistInnen durch die psychologische Brille. Dabei finden sich dysfunktionale Familien, extreme Kommunikationsstörungen oder völlige Beziehungsunfähigkeit u. a. bei Figuren wie Ödipus, Scarlett O'Hara oder Harry Potter.

Jedes Kapitel umreißt kurz die Zeit, in der das jeweilige Buch entstanden ist, gibt eine launige Zusammenfassung des Inhalts und beschreibt dann die angenommene psychische Störung. Eine völlig intakte Persönlichkeit schreiben die Autorinnen nur Lotte aus Goethes Werther und Melanie Wilkes aus "Vom Winde verweht" zu, die "selbst als Psychotherapeutin arbeiten könnte." (S. 140)

Das Buch ist unterhaltsames Lesefutter. Manches geht den Autorinnen allzu salopp von der Hand: "Als jemand, der es vermeidet, sich mit klaren, deutlichen Worten auszudrücken, sondern lieber mit Symbolen oder Andeutungen arbeitet, könnte er zugleich der Prototyp des Leiters eines Untersuchungsausschusses oder Arbeitskreises in der Europäischen Union sein." (S. 38) Andererseits werden psychiatrische Diagnosen aus der Ferne doch recht schnell gestellt. Fazit: Unterhaltsames Buch ohne großen Anspruch. (bn.bibliotheksnachrichten/Doris Göldner/www.biblio.at)